Ohne festen Plan in See stechen – dieses Lebensmotto leben Liz und Marvin. Das abenteuerlustige Segel- und Kletterpaar hat sich den Traum vom eigenen Segelboot erfüllt und genießt nun die Freiheit auf dem Wasser. Mit ihrem über 40 Jahre alten 35-Fuß-Boot segeln sie durchs Mittelmeer und sammeln dabei viele spannende Erfahrungen. Besonders beeindruckend: Sie leben ihren Traum vom Segeln mit einem Low-Budget-Ansatz. Mit minimaler Ausstattung verbringen sie die meiste Zeit in ruhigen Buchten, um hohe Hafengebühren zu vermeiden oder warten immer auf passende Wetterfenster, um keinen Sprit zu verbrauchen. Wir haben Liz und Marvin zu ihrem Alltag und ihren Erlebnissen an Bord befragt.
Wie wurde euer Interesse am Segeln geweckt?
Liz: „Wir wussten schon immer, dass wir dem Alltag entfliehen und die Natur intensiver erleben möchten. Früher haben wir oft mit unserem Van die Umgebung erkundet, wann immer sich die Gelegenheit dazu bot. Diese Ausflüge in die Natur waren für uns eine willkommene Auszeit vom Alltag.“
Marvin: „Durch andere Segler, die ihre Erlebnisse online teilen, wurden wir schließlich inspiriert, selbst ein Segelabenteuer zu starten. Ihre Geschichten und beeindruckenden Fotos weckten in uns den Wunsch, das Segeln auszuprobieren. Ohne viel Vorwissen haben wir uns schnell ein Boot angeschafft und sind losgesegelt.“
Wann habt ihr mit dem Segeln angefangen?
Marvin: „Wir sind während eines Urlaubs auf Sardinien das erste Mal mitgesegelt. Es war nur ein Tag, und wir haben hauptsächlich im Cockpit gesessen und uns herumfahren lassen. Liz ist später noch zwei Wochen mit Jonas von Blue Horizon gesegelt, um mehr Erfahrung zu sammeln.“
Liz: „Zusätzlich habe ich den Sportbootführerschein gemacht, aber das Fahrschulboot ist in keiner Weise mit einem Segelboot vergleichbar. Ein Fahrschulboot ist eher wie eine Nussschale. Also sind wir direkt mit unserem 35-Fuß-Boot ins kalte Wasser gesprungen und hatten am Anfang auch ein paar Schwierigkeiten, vor allem mit den Hafenmanövern oder Schleusen.“
Gibt es Parallelen zwischen Segeln und Klettern?
Marvin: „Nicht wirklich. Ein Vorteil ist, dass wir vom Klettern schon mit Knoten und Seilen umgehen konnten, aber ansonsten sind die beiden Sportarten ziemlich unterschiedlich. Was uns zugutekommt, ist die Erfahrung mit Höhen – zum Beispiel, wenn man am Mast arbeiten muss. Viele Segler scheuen sich davor, aber uns fällt das leichter.“
Liz: „Beim Klettern kannst du aufhören, sobald du nicht mehr kannst. Auf dem Wasser geht das nicht so einfach, besonders wenn du mitten im Segelrevier bist. Aber beide Sportarten haben definitiv Abenteuercharakter.“
Wie plant ihr eure Routen? Achtet ihr dabei auch auf Klettergebiete?
Liz: „Ja, auf jeden Fall. Das Mittelmeer wollten wir nicht auslassen, weil es dort unzählige Kletterspots gibt – in fast jedem Land. Wir sind in den Niederlanden gestartet, und während viele die Route zu den Kanaren und dann über den Atlantik nehmen, war unser Ziel zunächst die Algarve und schließlich Griechenland. Viele schwärmen von den Segel- und Klettergebieten dort, und bisher hat sich das auch bestätigt: Griechenland ist wirklich ein Paradies für Segler und Kletterer.“
Marvin: „Am besten sind die Spots, bei denen man einen Ankerplatz hat und direkt loslegen kann. Ein Beispiel ist Port Sóller, wo wir waren. Es war zwar ziemlich voll, aber dennoch ein wunderschöner Ort. Von dort aus konnten wir zu Fuß zu einem tollen Kletterspot gelangen, der einen fantastischen Blick auf das Meer und die Ankerbucht bot. Das war wirklich ein Highlight!”
Was waren eure bisherigen Highlights?
Liz: „Für uns sind Sonnenauf- und Untergänge auf dem Wasser immer ein Highlight. Besonders schön war das Meeresleuchten, als uns Delfine begleitet haben.“
Marvin: „Ein weiteres unvergessliches Erlebnis war unsere Ankunft im Mittelmeer mit seinem türkisblauen Wasser, nachdem wir lange das tiefe Blau des Atlantiks gewohnt waren. Alvor war auch ein absolutes Highlight – die ruhige Lagune und die Umgebung waren unglaublich. Die Küste Mallorcas hat uns ebenfalls sehr gefallen, vom Wasser war es eine ganz besondere Erfahrung, da man oft von riesigen Felswänden umgeben ist, zum Beispiel in der Bucht ‚Torrent de Pareis‚.“
Gab es besonders herausfordernde Situationen?
Marvin: „Die ersten Tage und Wochen waren sehr herausfordernd. Wir hatten kaum Segelerfahrung und mussten uns das erste Mal mit unserem Boot durch eine Schleuse manövrieren – das war extrem nervenaufreibend. Während unserer ersten Nachtfahrt brach der Baum, dann versagte unser Motor wegen Diesel-Pest, und bei der Überquerung der Biskaya verfing sich ein Fischernetz im Propeller.“
Liz: „ Auch die Segler-Community ist großartig, die Leute, die man unterwegs trifft, machen viele Herausforderungen leichter.“
Gibt es ein Ziel, wo ihr unbedingt noch hin wollt?
Liz: „Unser echtes Endziel, das wir unbedingt mit dem Boot erreichen wollen, ist Thailand. Asien fasziniert uns einfach total – besonders die Regionen wie Indonesien, die Philippinen und Thailand. Wir waren bereits einmal dort, allerdings nur auf dem Festland, und haben viel Zeit damit verbracht, die Schönheit dieser Länder zu genießen. Es war einfach großartig! Jetzt würden wir gerne die Möglichkeit nutzen, diese Orte mit einem Segelboot zu erkunden. Ich denke, dass diese Regionen noch nicht so überlaufen sind wie beispielsweise die Karibik, was uns die Chance gibt, die Natur und Kultur intensiver zu erleben.“
Marvin: „Wir sind ehrlich gesagt nicht die besten Planer. Es fällt uns schwer, weit im Voraus zu planen, vor allem beim Segeln, wo vieles unvorhersehbar ist. Am Ende läuft es sowieso meistens anders als gedacht. Deshalb haben wir unsere Erwartungen und Ziele ordentlich heruntergeschraubt und sind flexibler geworden. Das gibt uns die Freiheit, die Dinge einfach auf uns zukommen zu lassen und das Beste aus jeder Situation zu machen.“
Wie finanziert ihr euch eure Reise?
Liz: „Wir leben generell sehr budgetbewusst. Seit sieben Monaten haben wir keinen Hafen mehr angesteuert und versuchen, den Motor so wenig wie möglich zu benutzen. An vielen Extras für unser Boot haben wir gespart”.
Marvin: „Unser Lebensunterhalt kommt hauptsächlich aus unseren Ersparnissen sowie durch unseren YouTube-Kanal, Instagram und unseren Podcast. Das reicht für ein kleines Taschengeld und ermöglicht es uns, unsere Abenteuer weiterhin zu genießen.“
Habt ihr Tipps für andere Segler oder die, die es noch werden wollen?
Marvin: „Wir haben viele Leute getroffen, die eine Menge Geld in teure Boote und Ausstattung stecken. Das klingt zwar verlockend, ein Boot braucht aber ständig Pflege und Wartung, und ich glaube, man muss nicht immer die teuersten Teile kaufen, um Spaß am Segeln zu haben. Manchmal reicht auch einfachere Ausrüstung vollkommen aus. Außerdem sollte man immer einen finanziellen Puffer einplanen.”
Liz: „Bei der Wahl des Wetterfensters finden wir es wichtig, immer auf das Bauchgefühl zu hören. Sobald jemand sagt, „Nein, damit fühle ich mich nicht wohl“, nehmen wir das ernst. Und zu guter Letzt empfehlen wir einen guten Anker und genug Ankerkette. Wir haben in den letzten Monaten viele Segler getroffen, die damit zu kämpfen hatten, nicht abzutreiben, sobald etwas mehr Wind daher kam. Lieber drei bis vier Nummern größer kaufen und nicht mit der Kette sparen, dann schläft man auch ruhiger vor Anker”
Haben wir dein Interesse am Segeln geweckt und möchtest du auch Segelerfahrung zu sammeln und den maritimen Lifestyle wie Liz und Marvin kennenlernen? Dann können wir dir empfehlen ein Boot zu mieten, bevor man sich für den Kauf eines eigenen entscheidet. So kannst du in aller Ruhe herausfinden, ob das Segeln zu deinem Leben passt.