Nicola und Raffael kommen aus Wien in Österreich und sind nun seit mittlerweile einem Jahr auf ihrer elektrischen Segelyacht namens Ferdinand im Atlantik unterwegs. Sich mal ein Jahr Auszeit nehmen und eine Atlantiküberquerung mit dem eignen Segelboot unternehmen. Ein Traum, der für die beiden wahr geworden ist. Mittlerweile ist ein Jahr vergangen und die Rückkehr in ein normales Leben mit einem nine to five Job undenkbar.
Wir haben die beiden interviewt und über ihr Leben auf einer elektrischen Yacht ausgefragt!
Raffael: Wir sind beide aus Wien und wir haben uns in Kroatien beim Segeln kennengelernt.
Nicola: Die Liebe zum Meer hat uns zusammengeführt und auch auf unser Boot geführt. Seit 2016 sind wir jedes Jahr als Skipper 2-3 Wochen in Kroatien unterwegs. Und dann kam die Idee auch woanders zu segeln und die Atlantiküberquerung ist grundlegend erstmal faszinierend.
Raffael: Aus der Schnapsidee heraus haben wir mal angefangen zu recherchieren, was ein gebrauchtes Boot kosten würde, das für eine Atlantiküberquerung tauglich wäre. Und dann haben wir gemerkt, wenn wir zwei/drei Jahre gut arbeiten und sparen, dass es doch realistisch ist.
Ihr habt euch für eine elektrisch betriebene Segelyacht entschieden. Wie kam es dazu?
Nicola: Durch Corona ist der Gebrauchtbootmarkt ziemlich auf den Kopf gestellt worden. Es war sehr schwierig in dieser Zeit ein Boot zu finden. Wir hatten einige Boote zur Auswahl und von Anfang an hat uns diese E-Yacht vom Charme und von der Ausstattung her gefallen. Wir sind Leute, die das Neue und Unbekannte interessant finden und es war uns bewusst, dass es ein Risiko ist auf eine Art und Weise, weil es gerade im Yachtsport noch nicht getragen wird.
Wenn du im Bootssport Elektromotor sagst, dann sagen alle: „Echt, das geht?“ Wir haben bisher keinen einzigen Eigner mit Elektromotor gesehen. Wir haben die Vorbesitzer, die den Elektromotor eingebaut haben bei der Besichtigung, interviewt. Raffael und ich waren die normalen Motoren gewöhnt und haben im Videogespräch gefragt: „Kannst du mal den Motor zeigen und den Motor starten? Wir wollen hören, wie sich das anhört.“ Und er lacht nur. „Ja, ich kann ihn gerne starten, aber ihr werdet nichts hören.“
Raffael: Das war auch genau der Punkt, der mich dann überzeugt hat. Weil das ist genau das, was mich an klassischen Dieselmotoren immer gestört hat. Dieser Lärm.
Nicola: Wir kennen das von den Charteryachten. Der schönste Moment, und das werden die Segler sicher nachvollziehen, ist, wenn der Motor abgestellt wird, die Segel gesetzt werden und es keinen Lärm mehr gibt. Und das halt immer zu haben, das hat uns dann überzeugt. Wir haben keinen Milliliter Diesel an Bord, wir haben keine Motorwartungen.
Raffael: Wir haben keinen Gestank, keinen Lärm und man muss auch kein schlechtes Gewissen haben, wenn man den Motor mal länger laufen lässt.
Seid ihr autonom elektrisch unterwegs oder müsst ihr in den Häfen laden?
Raffael: Nein, wir sind rein autonom, das geht alles über Solar. Wir haben auch ein Ladegerät an Bord. Falls es mal sein müsste, könnten wir den Hafen ansteuern, um die Motorbatterien zu laden, aber prinzipiell, gerade hier in der Karibik, geht das super gut über Solar. Die Umstellung auf den Elektromotor war aber schon prägend. Es ist schon anders, da muss man sich drauf einstellen. Es ist ein anderes Segeln, denn der Motor ist wirklich nur dafür da in den Hafen rein und raus zu fahren. Und nicht dafür, mal Flauten durchzufahren oder gegen die Strömung den Motor anzumachen, weil man nicht segeln möchte oder weil es anstrengend ist, was ich auch oft gut verstehen kann. Da haben wir uns auch häufiger mal drüber geärgert, weil wir uns gedacht haben: „Mit einem Dieselmotor wären wir jetzt schneller am Ziel“.
Nicola: Manchmal kommt es vor, dass der Wind genau aus der Bucht rausbläst und man ist nur noch eine Meile entfernt. Dann möchte ich auch manchmal einfach die Segel herunterlassen und gemütlich mit dem Motor in den Hafen reinfahren. Das funktioniert nur dann, wenn es keinen Wind und keine Wellen gibt. Aber ansonsten segelt man so lange, wie es geht und macht nur für das allerletzte Stückchen den Motor an. Es ist einfach eine andere Art zu reisen.
Raffael: Man muss auch geduldig sein und sich mehr nach dem Wetter richten. Wenn kein Wind ist, ist auch einfach kein Wind, dann kann man nunmal nicht segeln. Dann muss man ein paar Tage länger in der Bucht bleiben. Aber wir haben uns auch die Zeit genommen. Der Motor, der in diesem Boot verbaut ist, ist allerdings kein Marine-Motor, die es mittlerweile auch schon gibt. Diese sind noch sehr teuer, dafür haben sie aber auch eine deutlich bessere Performance.
Nicola: Segeln ist an sich schon „Slow Travel“, aber mit Elektromotor ist es das nochmal mehr. Und auch der Nachhaltigkeitsaspekt ist ein großer Vorteil. Wir haben einen Generator an Bord, wenn es wirklich brenzlich wird. Den haben wir bisher nur zweimal ausgepackt. In dem gesamten letzten Jahr haben wir so vielleicht für den Bootsmotor 5 Liter Benzin verbraucht.
Raffael: Es ist schön, allein durch die Natur angetrieben zu werden. Hauptsächlich sind wir natürlich wie jedes Segelboot mit dem Wind unterwegs. Und sollte dieser nicht ausreichen, dann fahren wir mit dem Elektromotor, der über die Solarpaneele geladen wird. Es ist also entweder die Windkraft oder die Sonnenkraft, die uns antreibt.
Nicola: Es ist faszinierend, dass man die Natur mit ihren Gewalten so zu seinem Vorteil nutzen kann. Es gibt immer diesen besonderen Moment, wenn man realisiert, dass die Masse an Schiff nur durch den Wind angetrieben wird und sich durch die Wellen kämpfen kann. Und wenn der Wind nicht ausreicht, dann treibt die Sonne unseren Motor an. Diese Naturverbundenheit und Nachhaltigkeit ist schon ein schöner Gedanke.
Wie habt ihr euch auf die Atlantiküberquerung vorbereitet?
Nicola: Wir sind beide Segler und keine Mechaniker oder Elektrotechniker. An Bord ist es fast besser, wenn man kein Segler ist, sondern eher Mechaniker.
Raffael: Einen Segelschein zu haben ist gut, aber, wenn man auf dem Boot lebt, fast zweitrangig. Was man sich aneignen muss, ist das Know-How für die diversen Bootsarbeiten. Von elektrischen Arbeiten, über Gas, zu Glasfaser-Reparaturen.
Nicola: Wir hatten weder Ahnung von Dieselmotoren, noch von Elektromotoren. Insofern war es dann in der Vorbereitung fast egal. Ich habe einfach mal meine alten Elektro-Physik-Bücher herausgeholt und die Grundkenntnisse der Elektronik wiederholt. Das Meiste ist Learning by doing. Man hat das nach einer gewissen Zeit einfach im Gefühl. Wir haben mit vielen Leuten geredet, bevor wir das Boot gekauft haben. Mit Segler-Kolleginnen und mit unserem Segel-Lehrer. Und der Tenor, den wir in der alteingesessenen Segler-Community gehört haben, war: „Das Boot sieht gut aus, aber mit dem Elektromotor würde man es nicht machen.“ Für uns war es schon wichtig, dass uns irgendjemand bestätigt, dass wir nicht völlig verrückt sind, dass wir ein Boot mit Elektromotor kaufen. Und das waren Dan und Kika von sailinguma, die das seit vielen Jahren machen. Die haben ganz viele Beiträge über Elektromotoren und über die Technik dahinter.
Was sind eure Highlights an Bord?
Raffael: Es sind die kleinen Dinge: So wie heute Morgen: Einfach mal aufstehen und ins Wasser springen. Aus dem Bett drei Schritte tun und man ist im Meer.
Nicola: Für mich war es schon sehr besonders, mitten im Atlantik zu sein und die Nachtschichten zu machen. Auch wenn es anstrengend ist, ist es einfach schön: Man hat kein Internet, man ist nur für sich, man hat ganz viel Zeit einfach nur mit dem Meer, den Sternen und der Sonne. Und das Ankommen in der Karibik war dann schon irgendwie ein bisschen surreal, weil man dann erst wirklich realisiert, was man geschafft hat. Man hat einfach mit dem Segelboot den Atlantik überquert und ist jetzt auf der anderen Seite des Ozeans.
Raffael: In den 18 Tagen waren wir wirklich nur zu zweit, ohne Kommunikation zur Außenwelt. Wir haben bei der ganzen Überquerung vielleicht drei Boote gesehen.
Wo geht es als Nächstes hin, gibt es schon Pläne?
Nicola: Der ursprüngliche Plan war ein Jahr unterwegs zu sein und das ist nun in ein paar Wochen vorbei. Und erst vor ein paar Monaten haben wir uns entschieden, noch eine Saison in der Karibik hinten dranzuhängen.
Weil wir länger als geplant unterwegs sind, wollen wir aber unbedingt auch wieder unsere Family & Friends besuchen. Wir legen eine kleine Boatlife Pause ein und fliegen für einige Wochen nach Europa. Das war auch nicht unbedingt das, was wir geplant haben, weil wir eben bewusst nachhaltig über den Atlantik gekommen sind und dann zurückfliegen fühlt sich sehr komisch an. Aber wir möchten eben unsere Familie besuchen. Das ist das, was wir abgesehen von ein paar Haushalts-Geräten am meisten vermissen. Freunde und Familie, die einen gut kennen, live zu sehen ist einfach so viel wert. Da freuen wir uns schon sehr drauf. Und auf einen guten Kaffee in Wien.
Raffael: Die Stadt vermisse ich am Boot nicht, aber Freunde, Familie und Bekannte vermissen wir. Grob der Plan ist: Wir werden noch nach St. Martin Richtung Norden segeln und ungefähr einen Monat unterwegs sein. Und dann drehen wir um und fahren Richtung Süden aus der Hurrikane Zone raus. Ziel ist Trinidad, um dort das Boot herauszuholen und an Land zu stellen. Dann fliegen wir von dort nach Kroatien. Im August werden wir zwei/drei Wochen in Kroatien sein und dann einen Monat in Österreich. Danach geht es zurück aufs Boot und wir hängen eine weitere Saison in der Karibik dran.
Nicola: Und was dann kommt, werden wir sehen.
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