Das Klima in Westeuropa wird in den letzten Jahren zunehmend von Hitze und Trockenheit geprägt, die Dürreperioden in den Sommermonaten verursachen vielfach Herausforderungen sowie schmerzhafte Einbußen in zahlreichen Wirtschaftsbranchen, Gesellschaftsstrukturen und der Umwelt. 2022 ist hierbei keine Ausnahme. Vielmehr sind die resultierenden Schwierigkeiten im aktuellen Kalenderjahr noch gewachsen. Ein essenzieller Baustein im weit verknüpften Logistik-Netz des Frachtverkehrs leidet derzeit besonders – die Binnenschifffahrt. Kohle, Benzin, Diesel, Sand und andere Rohstoffe werden tonnenweise über deutsche Wasserstraßen transportiert. Mit der momentanen Niedrigwasser-Phase wird es immer schwieriger, Materialversorgung, Transportumschläge und Frachtvolumen aufrechtzuerhalten. Rhein, Donau, Elbe und viele andere Flüsse im Land führen aktuell alarmierend niedrige Pegelstände. In diesem Beitrag wirft Click&Boat einen Blick auf die kürzlichen Entwicklungen zum Niedrigwasser, die Auswirkungen auf Ökonomie und Ökologie sowie präventive Maßnahmen, um die verwundbare Transportader der Binnenschifffahrt in Zukunft besser zu schützen.
Kleinwassersituation
Die Kapazitätsengpässe in der Binnenschifffahrt verschärfen sich durch den ausbleibenden Regen drastisch. Durch den zu geringen Wasserstand wie beispielsweise auf dem Rhein dürfen Frachter teilweise weniger als zur Hälfte beladen werden. Das bedeutet automatisch, dass die Transportabwicklung schwieriger wird und sich Ware wie Kohle oder Getreide unter dem noch hinzukommenden Eindruck des Ukraine-Krieges und der Energiekrise massiv verteuert. Wenn das Volumen pro verfügbarem Frachtschiff gedrosselt wird, muss die Lademenge auf eine größere Anzahl an Schiffen verteilt werden. Der Schiffsraum auf den heimischen Gewässern verdichtet sich dadurch umso stärker. Binnenschiffer werden hierbei übrigens mit der Kompensationszahlung eines „Kleinwasserzuschlags“ entlastet, welche beim Erreichen gewisser Pegelstände eintritt. Für Firmen als Schiffskunden auf der anderen Seite schlagen sich diese Verhältnisse in weniger Ware zu höheren Preisen nieder. Handel und Industrie werden hierdurch zusätzlich belastet. Die sich daraus ergebende mögliche Reduktion der Industrieproduktion wirkt sich folgerichtig auch auf die allgemeine Konjunkturprognose im Land aus.
Umweltgefahren und andere Risiken
Ein signifikant niedriger Wasserstand im allgemeinen Gewässer-System zieht viele negative Verkettungen nach sich. Das dürfte niemanden überraschen. Das blaue Lebenselixier verbindet alle Bereiche eines intakten Ökosystems. Praktisch in alle Lebensbereichen sind wir auf eine ausreichende Versorgungsmenge angewiesen. Neben den drastischen Auswirkungen auf Wirtschaftsbereiche wie der Energiewirtschaft, Schifffahrt, Landwirtschaft oder des Tourismus leidet auch die Umwelt erheblich an Dürrephasen und Wassermangel. Gewässerökologie und Gewässerqualität bilden Grundpfeiler für alle gekoppelten Lebensräume. Durch Niedrigwasser entstehen Abschnitte mit unmittelbaren Folgen für die dortigen Lebensvorgänge. Veränderte biochemische Prozesse im Wasser sowie erhöhte Nährstoffkonzentrationen durch weniger vorhandenen Sauerstoff können ganze Gewässer „kippen“ lassen. Der gesamte Kreislauf des Lebens hängt von der Funktionalität dieser Habitate ab.
Auch im Freizeitsektor wirkt sich der geringe Wasserstand zunehmend spürbar aus. So müssen derzeit am Bodensee zahlreiche Privatleute an den Westufern des größten Gewässers Deutschlands ihre Boote aus den trocken liegenden Häfen an Land holen. Die Auswirkungen machen sich also sichtlich in allen Lebensbereichen bemerkbar.
Zukunftsperspektiven der Binnenschifffahrt
Klimatische Herausforderungen und Veränderungen werden einen tiefgreifenden gesellschaftlichen, politischen sowie ökonomischen Wertewandel erfordern müssen. Im Bereich der Frachtschifffahrt und Transportlogistik auf den Binnengewässern in Deutschland gibt es bereits seit Langem entsprechende Forderungen. Nach Angaben des Binnenschiffsfahrtverbandes sind Vertiefungen der Fahrrinnen, insbesondere im Rhein und der Donau, essenziell. So kann auch bei Niedrigwasser die Planbarkeit und Umsetzung von entsprechender Transportware besser gewährleistet werden. Der Aktionsplan Niedrigwasser Rhein vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr greift Inhalte zur Infrastruktur-Verbesserung des längsten Flusses in der Bundesrepublik auf. Im Bereich der Herstellung und dem Bau von Schiffstypen wird vermehrt ein Augenmerk auf Eigenschaften wie Resilienz und geringerem Tiefgang gelegt. Auch können Optimierungen in der Hafen-Infrastruktur zur effizienteren Kapazitätsplanung in Extremsituationen gewinnbringend beitragen. Dürreperioden und fehlender Niederschlag werden im Zuge des Klimawandels auch weiterhin eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung darstellen. Anpassungsfähigkeit, Innovationskraft sowie individuelles Verantwortungsbewusstsein sind Schlüsselattribute für eine prosperierende Zukunftsgestaltung.
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