Anker, Leuchttürme, Kompasssterne und vieles mehr. Wer kennt sie nicht – Die Seefahrer Tattoos in allen Motiven, Variationen und Farben zieren seit jeher die verschiedensten Körperteile aller Geschlechter und Altersgruppen. Doch warum genau sind diese Tätowierungen so beliebt und weit verbreitet? Hinter der Optik verbergen sich eine weit zurückreichende Geschichte und Motive mit vielseitigen Bedeutungen, die im Laufe der Zeit in den Hintergrund getreten sind. Tattoos verkörpern nicht nur eine Kunstform, Identität, Rituale und vieles mehr. Die mystische Aura hinter Tätowierungen besteht darin, dass menschliche Gedanken und Gefühle rein visuell dargestellt werden. Click&Boat verhelft Ihnen hiermit einen Einblick in die Welt der Seefahrer Tattoos.
Jahrzehnte zuvor wurde diese Körperkunst noch von vielen verpönt und hauptsächlich nur bei Häftlingen und Seefahrern gesehen. In der jetzigen Gesellschaft ist die Normalisierung von Tattoos noch nicht allzu lange allgegenwärtig, aber dennoch umso spürbarer. Dieses Massenphänomen bestätigt auch die repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur. Laut dieser ist jede/r Fünfte in Deutschland tätowiert und sogar jede vierte Frau. Dies ist eindeutig auf die jüngere Generation, insbesondere die zwischen 18 und 25 Jahren, zurückzuführen, die in dieser Hinsicht weniger von Klischees und Vorurteilen geprägt ist als die Generation ihrer Eltern und Großeltern. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass es diese Form der Körperkunst, die heute im Trend liegt, schon seit Tausenden von Jahren gibt. Die Gletscher-Mumie Ötzi gehört zu einer der bisher ältesten entdeckten Funde mit dieser Körperkunst.
Unter den Tattoos besitzen speziell Seefahrer Tattoos Kultstatus. Es ist unbestritten, dass Tätowierungen in frühen Kulturen in Europa und Asien sowie in indigenen Kulturen weltweit seit Tausenden von Jahren praktiziert wurden. Zwar gibt es Hinweise darauf, dass Seeleute schon vor dem 17. Jahrhundert tätowiert waren, doch auf den Entdeckungsreisen von Kapitän James Cook im Pazifik in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts lernten Seeleute der Royal Navy die polynesische Körperkunst kennen.
Das Wort Tätowierung leitet sich vom polynesischen tatau ab, was wörtlich markieren bedeutet. Zudem soll es den phonetischen Klang des rhythmischen Klopfens der traditionellen Tätowier-Instrumente darstellen. Das Tätowieren verbreitete sich schnell von britischen auf amerikanische Seeleute. Um die Langeweile während der langen Stunden auf See zu vertreiben, tätowierten sich viele von ihnen oftmals gegenseitig. Im späten 18. Jahrhundert hatten etwa ein Drittel der britischen und ein Fünftel der amerikanischen Seeleute mindestens eine Tätowierung. Durch Walfang-Expeditionen und lange Handelsreisen im 19. Jahrhundert verbreitete sich das Tätowieren sowohl unter den Seeleuten der Marine als auch unter den Handelsschiffen.
Klassische Seefahrer Tattoos
Da die Arbeit auf See stets schwer und die Rückkehr ungewiss war, entwickelte sich häufig ein starker Aberglaube unter der Besatzung. Viele Tätowierungen dienten daher als Glücksbringer.
Anker
Ursprünglich bezeichnete der Anker einen Seefahrer, der den Atlantik überquert hatte. Er symbolisiert Schutz, Sicherheit, Durchhaltevermögen und die Wertschätzung der Beziehung zu einer geliebten Person, Familie oder einer Gemeinschaft.
Leuchtturm
Einer der bekanntesten Motive ist sicherlich der Leuchtturm, denn er symbolisiert Hoffnung, Licht und Sicherheit. Auf See dienen sie als Wegweiser und bieten Hoffnung in der Not.
Frauenfiguren
Ein weiteres sehr typisches Seefahrermotiv sind Frauenabbilder: von Meerjungfrauen über Pin-up-Girls zu hawaiianischen Hulamädchen. Wie laut dem bekannten Sprichwort: „Die Seeleute haben in jedem Hafen eine Frau“. Die Frauenabbilder stehen sowohl für flüchtige Liebschaften auf langen Seereisen als auch für die Liebsten zu Hause.
Rangzeichen
Zusätzlich zu den abergläubischen Tätowierungen wurden vielfach Rangzeichen auf der Haut verewigt. Motive wie Kanonen oder Harpunen gaben Auskunft über die jeweiligen Aufgaben der Seeleute. Marinesoldaten wurden durch Kanonen gekennzeichnet, Fischer und Walfänger durch Harpunen. Eine besondere Bedeutung haben Teufelstattoos, die Matrosen in Maschinenräumen schmückten. Sie sollen den heißen Ort der Arbeit symbolisieren, der mit dem Fegefeuer vergleichbar ist.
Segelschiffe
Nicht jedem war es erlaubt, ein komplettes Segelschiff auf seiner Haut verewigen zu lassen. Nur wer Kap Hoorn umsegelt hatte, durfte es sich stechen lassen. Kap Hoorn „bezwungen“ zu haben, galt unter Seefahrern als größter Mutbeweis, denn dieser Ort ist wegen der starken Strömungen, Stürme, Eisberge und der eingeschränkten Sicht eine extrem gefährliche Herausforderung. Unzählige Seeleute sind in den eisigen und hohen Wellen ertrunken und ganze Schiffe sind vor dem südlichsten Punkt Südamerikas gesunken.
Der „König der Tätowierer“ – Seemann und Kneipenwirt aus Hamburg
Als einer der wohl bedeutendsten Tätowierer und Pioniere des frühen 20. Jahrhundert ist Christian Warlich eine wahre Kultfigur. Sein Vorlage-Album „Tattoo Flash Book“ wurde nicht zu Unrecht im Museum für Hamburgische Geschichte in der Ausstellung Tattoo-Legenden präsentiert. Nach seiner Zeit als Seemann eröffnete er 1919 seine eigene Kneipe auf St. Pauli (Hamburg), wo er gleichzeitig seine professionellen Tätowier-Fähigkeiten anbot. Somit entstand die erste professionelle Tätowierstube in Deutschland, denn bis zu dem Zeitpunkt waren Tätowierer eher mobil und haben hauptsächlich dort tätowiert, wo die Nachfrage war. Er ließ sich von asiatischen und amerikanischen Tattoos inspirieren, die er mit seinem handwerklichen und künstlerischen Talent zum Leben erweckte. Warlich wird sowohl national als auch international hoch angesehen und dient heutzutage selber als Inspiration für die nachkommenden Generationen der Tattoo-Szene.
Wenn Sie mehr über die Segelwelt und speziell Französisch Polynesien erfahren möchten, wo das Wort Tattoo seinen Ursprung hat, werfen Sie gerne einen Blick in unseren Blog Keine Panik vor dem Winterloch!