27. Januar 2013. François Gabart gewinnt den Vendée-Globe zwei Monate vor seinem dreißigsten Geburtstag. Ein durchschlagender Erfolg für unseren Sponsor, der uns die Freude bereitet hat dieses Jahr virtuell an diesem Rennen im Rahmen der Virtual Reagatta teilzunehmen und in unseren Farben zu segeln. In unserem Gespräch mit ihm nimmt er uns allerdings mit ins Jahr 2013. Er berichtet uns über seine Leidenschaft für Albatrosse, die allgegenwärtige psychologische Dimension des Rennens, seine besondere Beziehung zum Kap Horn und über eine unvergleichliche Herausforderung. Ein Interview über das Segeln, wie wir es von ihm kennen.
Die 2020 Ausgabe des Vendée Globe von zu Hause aus: Die Click&Boat Challenge bleibt bei der virtuellen Regatta offen! Begleiten oder fordern Sie François Gabart und mehr als 7.700 Skipper heraus. Unter den Teilnehmern werden einmal 3000€ verlost und zusätzlich drei Belohnungen für die drei Ersten im Ziel vergeben, viel Glück!
François, welche Erinnerungen an den Vendée-Globe 2012-2013 kommen Ihnen sofort in den Sinn?
Die Anhäufung von Emotionen und außergewöhnlichen Dingen machen die Einzigartigkeit eines Ereignisses wie das des Vendée Globe aus. Der Start und das Ziel sind sehr einprägende Abschnitte des Rennens und werden mit der Öffentlichkeit und unseren Familien, geteilt. Der Zieleinlauf wird auf unterschiedlicher Weise erlebt, aber die Emotion werden geteilt. Die Magie im Ziel ist jedes Mal sehr fesselnd.
Auf einem Vendée Globe auszulaufen bedeutet, mindestens drei Monate auf See zu sein. Wie bereiten Sie sich auf eine solche Herausforderung vor?
Man bereitet sich auf etwas sehr Großes vor, indem man sich auf kleine Dinge konzentriert. Man muss sich daran gewöhnen, für ein, zwei, drei oder zehn Tage alleine aufzubrechen, dann einige transatlantische Rennen und ein umfangreiches Training zu absolvieren. Der Segler muss sich mit seiner täglichen Zukunft vertraut machen, sobald er auf See ist. Ohne die Länge zu verharmlosen, machen Sie diese kleinen Trainingseinheiten, zum Ende hin immer angenehmer. Es war nie ein großes Problem für mich, lange Rennen zu managen. Es gibt immer mal wieder komplexere Elemente, aber da geht es sicher jedem ähnlich. Man gewöhnt sich daran, allein auf einem Boot zu leben. Sich auf viele andere Dinge zu konzentrieren, hilft, das Rennen selbst zu managen.
Das Anspruchsvollste ist es, ein Boot unter schwierigen Bedingungen allein zu steuern und trotzdem so schnell wie möglich zu fahren. Man muss sich mit dem Unerwarteten auseinandersetzen, es bewältigen und bis zum Ende durchhalten, um die Weltumrundung zu schaffen (lächelt). Das lässt wenig Raum für Erholung, es ist ziemlich anspruchsvoll. Es gibt keine Zeit für eine Pause, keine Halbzeit.
Aus sportlicher Sicht scheint man nonstop beansprucht, viel länger als zum Beispiel bei einem Marathon. Es ist ganz anders als das, was wir uns im Sport im Allgemeinen vorstellen können. Dies bewältigen zu können, ist eine außergewöhnliche und spannende Herausforderung.
Es gibt das Rennen, den Wettbewerb, aber auch die Treffen auf See. Haben Sie ungewöhnliche Erinnerungen an diese erste Weltumseglung?
Es gibt so viele schöne Situationen. Manchmal kann man vor der Küste Delfine und Wale beobachten, aber das ist ziemlich selten. Diese Art von Meeresbewohnern findet man eher beim Segeln an der Küste, zum Beispiel in Concarneau und in Richtung des Glénan-Archipels, als bei einer Weltumrundung. Man kann aber viele Vögel, wie zum Beispiel Albatrosse beobachten, die nur in der Südsee vorkommen. Der Albatross ist ein außergewöhnliches Tier, das mich durch seine Größe, seine Eleganz und seine Leistungen beeindruckt…
Es ist ein Vergnügen und eine Ehre, einen Albatross zu sehen und ein paar Stunden mit ihm zu segeln. Manchmal ist er schneller als ein IMOCA! Das Segeln mit Albatrossen ist wunderbar. Manchmal hat man sogar das Gefühl, mit ihnen verbunden zu sein.
Auch der psychologische Druck ist auf einer Weltreise sehr stark…
Eine intensive Begegnung ist die Begegnung mit sich selbst. Der Vendée Globe ist ein perfektes Beispiel dafür. Es ist eine Herausvorderung und gleichzeitig eine Gelegenheit, sich selbst ein wenig besser kennenzulernen, sich seinen Problemen, seinen Emotionen und sich selbst zu stellen. Ich kenne kein Äquivalent auf dem Festland, das damit zu vergleichen wäre.
Ich habe viel über mich selbst gelernt, ich habe das Gefühl, dass ich in vielen Bereichen Fortschritte gemacht habe. Ich wurde mit Facetten meiner Persönlichkeit konfrontiert, die ich nicht unbedingt kannte. Im Grunde ist es für uns eine Möglichkeit, andere Menschen zu treffen und unseren Horizont zu erweitern.
„Man stellt eine besondere Verbindung mit den Elementen her.“
Der Matrose berührt das Land erst bei seiner Ankunft und beobachtet es in der Regel aus großer Entfernung. Wie beeinflusst Sie diese Entfernung vom Land Ihrer Meinung nach während des Wettbewerbs?
Es ist ziemlich selten und außergewöhnlich, dass wir von unserem Boot aus das Land beobachten können. Wir tauchen oft mehrere Wochen lang in ein Universum ein, in dem um uns herum nichts als Blau ist. Es gibt eine besondere Verbindung zu den Elementen, denn als Segler ist man sehr aufmerksam auf die geringsten Schwankungen von Wind und Meer.
Die Tatsache, dass wir so weit von allem menschlichen Leben entfernt sind, verstärkt unsere Emotionen um das Zehnfache, wir haben eine besondere Sensibilität. Oft riechen wir den Geruch der Erde, bevor wir sie sehen. Ich erinnere mich, dass ich während der Vendée Globe einmal Land am Kap Horn und vielleicht einer Insel vor Brasilien gesehen habe. Kap Horn bedeutet das Ende der Südsee, es ist ein starkes Symbol für die Rückkehr zum Atlantik. Es ist symbolisch, denn nach fast zwei Monaten ohne Land zu sehen, ist es ziemlich beruhigend, dieses vertraute Element wieder zu sehen.
Es gibt viele Geschichten über den Mythos um Kap Horn. Wie haben Sie das erste Mal erlebt, als Sie es abgerundet haben?
Das Kap Horn zu umrunden bedarf viel Ehrgeiz und ist mit viel Müdigkeit verbunden, bringt aber auch eine Form der Erleichterung. Ich wusste, dass das Rennen noch lange nicht vorbei war. Der schwierigste Teil lag vor mir, und ich war keineswegs immun gegen technische Probleme. Irgendwo in einer Ecke meines Kopfes dachte ich: „Wenigstens das habe ich geschafft“. Wir waren seit anderthalb Monaten etwas in Verzug. Kap Horn ist nach wie vor ein Platz mit einer Rangliste. Ich ging an die Spitze und sagte mir in diesem Moment, dass es ohne technische Probleme auf uns beide ankommen würde, mit unserem Vorsprung vor den übrigen Konkurrenten. Ich gehörte am Start nicht zu den Favoriten, aber ich sagte mir, dass ich am Kap Horn in Führung liege. Damals hatte ich diesen Satz im Kopf: „Das kann man mir nicht nehmen“, Und zumindest hatte ich das schon geschafft, das war schon großartig.
Die Kaps dienen als Orientierungspunkte für diejenigen, die das Rennen verfolgen. Wie sehen Sie das?
Von einem sehr technischen Standpunkt aus gesehen ist es eher virtuell. Es ist auf Ihren Instrumenten markiert, aber es ist weniger konkret. Am Kap Horn kann man das Land und alles, was es repräsentiert, sehen. Man ändert die Richtung, wenn man in Richtung Osten fährt, und kehrt dann wieder nach Norden zurück, während man sich bei den anderen Kaps (Gute Hoffnung und dann Leeuwin) auf einer „geraden Linie“ befindet. Dort kann man ein kleines Nickerchen machen, da der Wind gleich bleibt. Sie können ein Kap im Schlaf überqueren, aber nicht das Kap Horn, da es ein schwierig zu überquerendes Kap ist.
Mein erstes Erlebnis am Kap Horn war sogar noch schwieriger, da ich nahe am Felsen in Führung lag. Bei dem zweiten bin ich weiter vor der Küste vorbeigefahren (ich habe es nicht gesehen), aber auf dem ersten war es sehr konkret, es war mehr als ein Linienschnitt auf einem Computer. Die Realität ist fabelhaft!